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Moore, die effektivsten Kohlenstoffspeicher der Welt

Wollgras

Im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie haben wir von oceanBASIS Anfang 2024 erstmals 3.000 € an die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein gespendet – für die Erhaltung und Wiedervernässung von Mooren. Denn intakte Moore tragen erheblich zum Klimaschutz bei, indem sie große Mengen CO2 binden. Zugleich sind sie Lebensraum für spezialisierte Tier- und Pflanzenarten, die sich an die besonderen Gegebenheiten im Moor angepasst haben. Wie steht es um die Moore in Deutschland, und wie funktioniert ihre Renaturierung? Kann es gelingen, alle Beteiligten für den Natur- und Klimaschutz zu gewinnen?

Das Wasser in Mooren stammt entweder direkt aus Niederschlägen (Hochmoor) oder ist Bodenwasser (Niedermoor). Wo der Boden ganzjährig nass ist, können abgestorbene Pflanzenteile nicht zersetzt werden. Sie sammeln sich an und es bildet sich der für Moore charakteristische Torf. In 1000 Jahren entsteht dabei gut 1 Meter Moorboden. Mit den Pflanzenresten bleibt auch der Kohlenstoff, den die Pflanzen im Laufe ihres Lebens gespeichert haben, im Boden gebunden:

„Moore [sind] die effektivsten Kohlenstoffspeicher der Welt. Sie nehmen zwar nur 3 Prozent der Fläche der Erde ein, speichern aber doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder auf der Welt zusammen.“

Gerrit Werhahn, Stiftung Naturschutz SH

Nasse Moore sind also Kohlenstoffsenken und können dadurch einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Moore in Deutschland

Schon vor einigen Jahrhunderten begannen die Menschen, Sumpflandschaften zu nutzen. Moore wurden trockengelegt, und es entstand Platz für Siedlungsgebiete, Forst und Ackerflächen. Die Entwässerung hat zur Folge, dass sich der gespeicherte Kohlenstoff mit dem Sauerstoff der Luft verbindet und als klimaschädliches CO2 in die Atmosphäre gelangt.

In Deutschland sind heute knapp 90 % der Moore entwässert, der größere Teil davon liegt in den nördlichen Bundesländern. Diese Nutzflächen geben jedes Jahr 51 Mio. Tonnen CO2 in die Atmosphäre ab, das sind 7 % der gesamten Emissionen. Zur Einordnung der Zahlen bietet sich ein Vergleich an: Eine Tonne CO2 entspricht ungefähr den Emissionen bei 4.900 Kilometern Fahrt mit einem Mittelklasse-Benziner oder auch einem Flug von Frankfurt am Main nach Lissabon und zurück, bezogen auf eine Person.(1)

Bei uns in Schleswig-Holstein, als landwirtschaftlich geprägtes Land, sind die trockenen Moore sogar für ca. 18 % der Treibhausgase verantwortlich. Daraus ergibt sich aber auch ein riesiges Potenzial für den Klimaschutz – und genau hier setzt die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein an: Ihr Programm “Biologischer Klimaschutz” widmet sich der Wiedervernässung von Mooren, der Aufforstung von Wäldern, der dauerhaften Umwandlung von Acker in Grünland. Dabei können die riesigen Moorflächen in Schleswig-Holstein den größten Beitrag zur Einsparung von CO2 leisten.

Unterstützung regionaler Projekte

Mit unserer Spende unterstützen wir die Stiftung Naturschutz dabei, die umfangreichen Maßnahmen für die Renaturierung des Herrenmoores durchzuführen und zu finanzieren. Das Herrenmoor liegt im Südwesten Schleswig-Holsteins, in der Nähe von Itzehoe. Es ist eine der großen Baustellen der Stiftung, und die Vernässung wird in mehreren Bauabschnitten über die nächsten Jahre stattfinden. Durch den regionalen Bezug können wir das Voranschreiten des Projekts selbst beobachten und begleiten.

Auf kleinen Parzellen finden sich im Herrenmoor noch hochmoortypische Arten, die sich nach der Renaturierung wieder auf den gesamten Lebensraum ausbreiten können, u. a.:

  • Moorlilie, Sonnentau, Wollgras, Torfmoose
  • Moorfrosch, Kreuzotter, Ringelnatter
  • Bekassine, Schwarzspecht, Kranich, Wachtelkönig, Neuntöter, Braunkehlchen, Sumpfohreule

Der Sonnentau gehört zu den hochmoortypischen Arten, die sich nach einer Renaturierung wieder ausbreiten können.

Wie funktioniert die Wiedervernässung von Mooren?

Intakte oder wiedervernässte Moore sind offene, nasse Landschaften mit einigen Wasserstellen. Ihr Wasserstand befindet sich nahe der Bodenoberfläche. Um trockengelegte Moore wieder in diesen Zustand zu versetzen müssen – da jedes Moor anders ist – zuvor verschiedene Untersuchungen erfolgen, z. B. Höhenunterschiede im Gelände vermessen werden. Auch nach einem Umbau müssen die Wasserstände und der Lebensraum für moortypische Pflanzen- und Tierarten weiter überwacht werden.

Bei der Wiedervernässung bzw. Renaturierung geht es vor allem darum, Wasser in den Torfboden zu bringen und so den natürlichen Wasserstand wiederherzustellen. Dafür werden die folgenden Maßnahmen ergriffen:

  • Die Pumpen werden abgestellt und Drainagerohre aus dem Boden entfernt.
  • Entwässerungsgräben werden verschlossen bzw. angestaut.
  • Es werden Wälle rund um das Gebiet gebaut, sodass eine Art riesige Badewanne entsteht.
  • Für die Bauarbeiten werden Spezialbagger eingesetzt, mit denen nur wenig Druck auf den weichen, empfindlichen Boden ausgeübt wird.

Was passiert, wenn die Moore wieder nass sind?

Gelingt die Wiedervernässung eines Moores, puffert dieses wie ein Schwamm Starkregen ab und wirkt wie eine natürliche Kühlung für die Luft. Zudem dient es als Wasserspeicher, was in Zeiten von Sommerdürren hilfreich ist. Wenn der Boden wieder nass ist, stoppt das sofort einen Großteil der CO2-Emissionen. Nach einiger Zeit beginnt das Moor sogar wieder zu wachsen. Es bindet fortan aktiv CO2 aus der Luft.

Neben dem Klimaschutz wirkt sich die Renaturierung auch auf die Erhaltung der Biodiversität aus, denn Moore sind wertvoller Lebensraum für viele seltene Arten. Speziell an das Moor angepasste Tiere und Pflanzen wie z. B. Kleinseggen und Orchideen kommen zurück, wenn das Moor wieder intakt ist, und finden hier einen neuen Lebensraum.

Wiedervernässung von Mooren: Strategien und Herausforderungen

Rein von der ökologischen Seite betrachtet, ist Klimaschutz mithilfe der Moore ein realistisches Projekt: Indem wir die künstliche Entwässerung stoppen, lassen wir wieder einen höheren Wasserstand zu und setzen die damit verbundenen Prozesse in Gang. Die soziale bzw. menschliche Seite ist komplizierter, denn zum einen ist der Wettbewerb um die Flächen groß. Neben dem Natur- und Klimaschutz konkurrieren andere Nutzer wie Landwirtschaft, Siedlungsbau, Solarparks, Gewerbegebiete um dieselben Flächen. Zum anderen müssen im Hinblick auf die bisherige Nutzung alle Beteiligten in einen gemeinschaftlichen Prozess eingebunden werden – Eigentümer, Anwohner und natürlich Nutzer, oftmals Landwirte. Einkommen und Existenzen von Menschen hängen von diesen Flächen ab!

Wo man beim Aufforsten von Wäldern auch mit Teilflächen beginnen kann, sind beim Wiedervernässen von Mooren große zusammenhängende Gebiete vonnöten – man kann nicht hier ein Teilstück und dort eins vernässen, und das Gebiet dazwischen bleibt trocken. Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein erhält die Flächen, wenn sie ihnen jemand freiwillig gibt, also z. B. bei einer Betriebsaufgabe. Zudem macht die Stiftung den Landwirten gute Angebote, wie sie mit Ökosystemdienstleistungen, also in diesem Fall mit dem Klimaschutz Geld verdienen können. In Schleswig-Holstein wurde für die Vergütung solcher Leistungen in 2023 das Instrument der „Klimapunkte“ eingeführt: Eigentümer verkaufen die Vernässungsrechte, können aber weiter im Besitz der Landfläche bleiben. Dabei erhalten sie eine zusätzliche Vergütung für das Klimaschutzpotenzial der Fläche, also die mögliche CO2-Einsparung durch Vernässung. Dieses Modell kann für die Landwirte auch in anderer Hinsicht von Vorteil sein: Die Entwässerung von Moorböden für die landwirtschaftliche Nutzung führt auf die Dauer dazu, dass die Böden absacken – an manchen Stellen in Schleswig-Holstein bereits über 3 Meter. Eine Entwässerung wird dadurch immer aufwendiger und teurer.

Paludikultur vereint Moorschutz und Landwirtschaft

Auch auf nassen Moorflächen können Betriebe wirtschaften und davon leben: Die sogenannte Paludikultur bezeichnet die landwirtschaftliche Nutzung eines wiedervernässten Moores. Der Begriff leitet sich von „Palus“ ab, dem lateinischen Wort für Sumpf. Bei dieser alternativen Nutzungsform geht es weniger um die Produktion von Lebensmitteln als beispielsweise um nachwachsende Rohstoffe, welche als Baustoffe, Dämmstoffe oder Werkstoffe verwendet werden können. Dabei stehen Pflanzen im Fokus, die an die Nässe angepasst sind: Schilf, Torfmoose, Rohrkolben, Erle, Seggen und andere Gräser.

Torfmoos

Ein Beispiel ist die Gewinnung von Schilf für reetgedeckte Häuser. Deutschland importiert derzeit bis zu 85 % des hierfür verwendeten Schilfs, u. a. aus China, obwohl diese Pflanze auch bei uns ausgezeichnet wachsen kann. Weiterhin lässt sich aus Torfmoosen ein Substrat entwickeln, welches torffreies Gärtnern ermöglicht; Heu von Nasswiesen kann zur lokalen Energieerzeugung für Haushalte eingesetzt werden, und Wasserbüffel lassen sich auch in feuchten Gebieten artgerecht halten und tragen zur Landschaftspflege bei.

Es gibt allerdings erst sehr wenige Betriebe, die sich diesen alternativen Nutzungsformen widmen. Denn der Systemwechsel von herkömmlicher Landwirtschaft auf Paludikultur ist für Landwirte mit großen Herausforderungen verbunden. Ob Planung und Genehmigung von Baumaßnahmen, Anschaffung neuer Maschinen für die nassen Böden oder Entwicklung neuer Vertriebswege – für die Umstellung braucht es ein großes, zumal finanzielles Engagement.

Bildnachweis:
Alle Fotos: Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein

Quellen und weiterführende Informationen:
1) Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein. Webpräsenz und Infos zum Programm Biologischer Klimaschutz

Mooratlas 2023, ein Kooperationsprojekt von Heinrich-Böll-Stiftung, BUND und der Michael Succow Stiftung. Online abrufbar: Publikationen des BUND bestellen und herunterladen

Interview mit Franziska Tannenberger, Leiterin des Greifswald Moor Centrum: „Wenn wir ein Moor wiedervernässen wollen, müssen wir alle Beteiligten dabei haben“

 

2 Kommentare
  1. Dr. Karl Devulder
    Dr. Karl Devulder sagte:

    Alle Beiträge sind wunderbar informativ geschrieben. Vielen Dank!
    Wenn ihr etwas über Phytoplankton wissen möchtet, fragt es an. Karl

    Antworten

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