Warum die Ostsee anders ist als andere Meere – wenig Salz, besondere Entstehung
Wer in der Ostsee baden geht, wird schnell feststellen, dass es beim Untertauchen nicht in den Augen brennt und dass das Wasser weniger salzig schmeckt als z. B. in der Nordsee oder im Mittelmeer. Und dieser Eindruck täuscht nicht, die Ostsee enthält tatsächlich deutlich weniger Salz als andere Meere. Doch woran liegt das?
Die großen Ozeane und auch die meisten kleineren Meere, wie z. B. die Nordsee und das Mittelmeer, enthalten ungefähr 35 g Salz pro Liter Wasser. Die Ostsee in Schleswig-Holstein enthält dagegen nur ungefähr 15-17 g pro Liter. Je weiter man sich nach Osten bewegt, desto weniger Salz ist im Wasser. An der polnischen Ostsee sind es nur noch ungefähr 8-10 g pro Liter, also in etwa so viel wie in unserer Tränenflüssigkeit. An den Küsten von Finnland und Russland sind es nur noch ca. 3 g pro Liter, das schmeckt man kaum noch, man könnte also fast schon von Süßwasser sprechen.
Wie kommt das nun? Die Ostsee ist fast komplett von Land umgeben und hat nur eine schmale Verbindung zur Nordsee zwischen Dänemark und Schweden. Über diese schmale Verbindung kommt nur sehr wenig Wasser mit dem hohen Nordseesalzgehalt in die Ostsee. Gleichzeitig fließen viele Flüsse mit Süßwasser in die Ostsee, z. B. die Oder, die Weichsel und die Memel. Diese Süßwasserzuflüsse sorgen dafür, dass die Ostsee nie den Salzgehalt eines „normalen“ Meeres erreicht. Insgesamt halten sich in der Ostsee also Salz- und Süßwasser die Waage: Richtung Westen und bis hin zum Kattegat wird es aufgrund der Nähe zur Nordsee immer salziger, Richtung Osten immer süßer. Dieses Gemisch aus Salz- und Süßwasser bezeichnet man als „Brackwasser“. Dieser Begriff wird zwar von vielen mit dreckigem Hafenwasser in Verbindung gebracht, bezeichnet aber eigentlich einfach nur Wasser mit einem mittleren, nicht voll-marinen Salzgehalt.
Effekt auf Tiere und Pflanzen
Diese besonderen Salzgehaltsverhältnisse haben auch einen großen Einfluss auf die Tier- und Pflanzenwelt der Ostsee. Während Richtung Westen vor allem Arten vorkommen, die an den typischen hohen Salzgehalt der Nordsee angepasst sind (z. B. der Taschenkrebs), kommen im Osten der Ostsee, beispielsweise im Bottnischen Meerbusen, Arten vor, die an Süßwasser angepasst sind (z. B. der Flussbarsch). Dazwischen, an den Küsten von Mecklenburg-Vorpommern und Polen, kommen nur sehr wenige Arten vor, da die allermeisten Wasserbewohner entweder an Süßwasser oder Salzwasser, aber nicht an etwas dazwischen angepasst sind. Die wenigen Salzwasserarten, die bis in die salzarme östliche Ostsee vorkommen, wachsen immer langsamer, je weiter östlich sie leben. Ein gutes Beispiel sind Miesmuscheln, sie werden in der westlichen Ostsee bis 6 cm lang, in der östlichen Ostsee aber nur ca. 3 cm lang.
Die Entstehung der Ostsee
Die Ostsee war aber nicht immer ein Brackwasser-Meer. Sie entstand aus dem Schmelzwasser von abschmelzenden Gletschern gegen Ende der letzten Eiszeit vor ca. 12.000 bis 10.000 Jahren, was für ein Meer extrem jung ist. Dabei bildete sich direkt eine große Verbindung zum Nordpolarmeer zwischen dem heutigen Finnland und Russland, was dafür sorgte, dass sie zunächst den typischen Meeres-Salzgehalt von 35 g Salz pro Liter hatte. Als die schweren Gletscher über Skandinavien komplett abgeschmolzen waren, hob sich das Land, was dazu führte, dass die Verbindung zum Nordpolarmeer wieder verschwand. Da die Ostsee zu diesem Zeitpunkt noch keine Verbindung zur Nordsee hatte, wurde sie quasi zu einem Süßwassersee. Dieser Süßwassersee existierte vor ca. 9.000 bis 7.000 Jahren. Erst danach entstand die Verbindung zur Nordsee zwischen Dänemark und Schweden und damit die heutige Ostsee mit dem ihr eigenen Salzgehalt.
Noch ein kleiner Tipp zum Schluss: Der Mensch ist eigentlich darauf ausgelegt Süßwasser zu trinken. Wenn wir Wasser trinken, was einen höheren Salzgehalt hat als unsere eigene Körperflüssigkeit (also mehr als ca. 8 g pro Liter), wird unserem Körper dadurch noch Wasser entzogen. Deshalb kann man das Wasser der Weltmeere und auch das der Nordsee nicht trinken und es besteht die reale Gefahr, bei Seenot in einem Meer voller Wasser zu verdursten. Der spezielle Salzgehalt der Ostsee macht es allerdings möglich, dass man das Wasser ungefähr von Polen aus Richtung Osten trinken kann, weil der Salzgehalt dem unserer Körperflüssigkeit entspricht oder niedriger ist. Das nur für den unwahrscheinlichen und hoffentlich nie eintreffenden Fall, dass Du auf der polnischen Ostsee in Seenot gerätst.
Bildnachweis:
Titel: Bild von A. Fre auf Pixabay
Salzgehalt: CRM, Rafael Meichßner
Strandkrabbe: CRM
Hecht: Bild von Marcel Einig auf Pixabay
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Moin, mein Name ist Rafael Meichßner und ich arbeite als Meeresbiologe bei CRM (Coastal Research & Management), der Mutterfirma von oceanBASIS. Thematisch befasse ich mich vor allem mit dem Anbau von Algen und deren Nutzung. Hier im Blog schreibe ich aber auch zu anderen Themen, die mir auf dem Herzen liegen, z. B. Umweltschutz, Artenvielfalt und Ökologie.
Das ist wirklich wenig aber zum Schnorcheln für mich genau richtig. Wenn ich mir die Salzgehalte der anderen Meere ansehe, dann vergeht mir irgendwie die Lust. Schon in der Nordsee habe ich Probleme mit dem Tauchen und roten Augen.