Das Mikrobiom der Haut
Das Mikrobiom der Haut – auch als Hautflora bezeichnet – übernimmt als lebende Schutzschicht eine Beschützerrolle für die Haut. Es dient der Stärkung des Immunsystems, übernimmt die Kontrolle des pH-Wertes der Haut, stärkt die Hautbarriere und sorgt für einen optimalen Feuchtigkeitshaushalt. Nicht zuletzt wehrt es Entzündungsbakterien und andere Krankheitserreger ab.
Die Haut wiederum versorgt die Mikroben mit abgestorbenen Hautzellen, Talg, Schweiß und Hautfetten und hilft, die Funktion des Mikrobioms aufrechtzuerhalten.
Bakterien gehören zu unserem Leben dazu, denn sie leben in Symbiose mit dem menschlichen Körper. In unserem Dickdarm spielt die “Darmflora” eine bedeutende Rolle, da sie großen Einfluss auf unsere Immunität und sogar auf die Hirnchemie haben kann (→ Die Haut ist ein Spiegelbild des Darms). Doch das Mikrobiom auf unserer Haut ist genauso wichtig wie die Bakterienflora in unserem Inneren.
Die Hautflora stärkt die Hautbarriere, indem sie schädliche Mikroben abwehrt. Sie stabilisiert den pH-Wert sowie den Feuchtigkeitshaushalt der Haut und interagiert mit dem Immunsystem – insbesondere bei Verletzungen.
Die Hautflora kann Hautausscheidungen (→ Die Haut ist ein Ausscheidungsorgan) in wertvolle Substanzen umwandeln, wie z. B.:
- Antimikrobielle Peptide, die die Haut vor dem Eindringen pathogener Bakterien schützen
- Organische Säuren, die die Besiedlung durch gefräßige Pilze verhindern
- Proteine, die unseren Entzündungsprozess bei UV-Exposition regulieren (→ Lichtstress und natürlicher Sonnenschutz)
- SOD (Superoxiddismutase), ein enzymatisches Antioxidans, das die Wirksamkeit von Vitamin E übertrifft, da es die Bildung von freien Radikalen verhindert (→ Was sind Antioxidantien?)
- Glycerin/Proteine, die für die Hydratation sorgen (→ Wie funktioniert eigentlich unsere Haut?)
- 6-HAP (6-N-hydroxyaminopurin), ein bakterielles Purin zur Vorbeugung von Hautkrebs
Inhaltsverzeichnis
Zusammensetzung des Mikrobioms
Zum Mikrobiom zählen vor allem Bakterien, aber auch Pilze und Viren – in ihrer Gesamtheit auch Mikroben oder Mikrobiota genannt. Auf und in unserem Körper (Haut, Schleimhäute, Darm) haben wir etwa die zehnfache Menge an Mikroben wie eigene Körperzellen. Schätzungen zufolge tummeln sich durchschnittlich bis zu 1 Millionen Bakterien auf einem Quadratzentimeter Haut. Die Mikroorganismen bilden eine gesellige Lebensgemeinschaft, die die natürliche Barrierefunktion der Haut stärkt.
Zu den typischen, nicht-krankheitserregenden Bakterienstämmen gehören u.a. Lactokokken, Lactobazillen, Staphylokokken, Dermakokken, Clostridien, Corynebakterien, Cutibakterien, Propionibakterien und Bifidobakterien. Insgesamt wurden 182 verschiedene Bakterien-Arten auf der Haut beschrieben. Dabei unterscheiden sich die verschiedenen Hautpartien (z. B. Hände, Füße, Rücken, Gesicht, Kopfhaut, Achselhöhlen, Intimbereich) stark in der Zusammensetzung und Keimdichte. Übrigens: Das Hautmikrobiom von Frauen hat eine deutlich höhere Artenvielfalt als das von Männern.
Auf unserer Haut gehen diese Mikroorganismen eine Symbiose ein, die für den Menschen von Vorteil ist: Sie bilden eine Schutzschicht für die Haut und helfen dabei, sie feucht zu halten (→ Der Feuchtigkeitshaushalt der Haut).
Das gesunde Hautmilieu
Verschiedene Hautzonen bieten ein unterschiedliches Hautmilieu. In den Zonen setzt sich das Mikrobiom folglich anders zusammen – das Hautmilieu gibt also vor, welche Mikroorganismen wo leben können. Neben inneren oder äußeren Bedingungen, die zu einer trockenen oder feuchten, kühlen oder warmen Umgebung führen, spielt auch die Haut selbst eine entscheidende Rolle.
“Die Mikrobe ist nichts – das Milieu ist alles.”
Prof. Dr. Pierre Jacques Antoine Béchamp, französischer Arzt, Chemiker und Pharmazeut, 1816–1908
Wie bereits erwähnt, ist die von der Haut gebildete Menge an Sebum (Talgdrüsenlipiden) ein ausschlaggebender Faktor (einige Spezies der Mikroorganismen mögen Sebum, andere nicht). Kosmetische Produkte können die Sebumbildung reduzieren und die Differenzierungsprozesse in der Epidermis beeinflussen. Möglicherweise kann das Hautmikrobiom auf diese Weise (positiv) beeinflusst werden.
Die Hautflora besiedelt nicht nur die Hautoberfläche – die Mikroorganismen leben auch in der Haut. Sie wachsen in den Poren und Haarfollikeln sowie im Stratum corneum, vor allem in der oberen Hälfte, dem Stratum disjunctum. Hier werden die Verbindungsproteine (Desmosomen) zwischen den abgestorbenen Hornzellen (Korneocyten) aufgelöst. Die Haut “öffnet“ sich dadurch und ermöglicht es den Mikroben, sich auch in den oberen Hautschichten zwischen den Hornzellen anzusiedeln.
Nach dem oberflächlichen Waschen der Haut regeneriert sich die Oberfläche aus diesem Reservoir. Starkes Peelen mit aggressiven Abrasiva greift auch in diese Schichten ein und erschwert die Neubesiedlung nach der Reinigung.
Gestörte Hautflora
Eine gesunde Hautflora zeichnet sich durch eine Überzahl von „guten“ bzw. nützlichen Hautbakterien aus, welche die „schlechten“ Bakterien, die der Haut schaden könnten (z.B. multiresistenter Staphylococcus aureus, MRSA), in Schach halten.
Zu häufiges Waschen mit Seifen oder Tensiden oder die Verwendung von Hautpflegeprodukten mit unnatürlichen Bestandteilen oder hohem Anteil an Konservierungsstoffen können die Zusammensetzung der natürlichen Hautflora stark beeinflussen. Auch übermäßiges Desinfizieren der Hände hat negative Auswirkungen (→ Wie schützt sich die Haut vor äußeren Einflüssen?).
Hautkrankheiten wie Neurodermitis (atopische Dermatitis), Rosacea und Psoriasis gehen immer mit Veränderungen des Mikrobioms einher. Bei der atopischen Dermatitis ist das entzündungsfördernde Bakterium Staphylococcus aureus vermehrt nachweisbar.
Weitere Störfaktoren für eine gesunde Hautflora sind:
• übermäßige UV-Strahlung beim Sonnenbaden
• übermäßig heißes Duschen oder Baden
• Rauchen
• Luftverschmutzung / Feinstaub
• mentaler und körperlicher Stress
• Schlafmangel
• hormonelle Schwankungen
• einseitige Ernährung
• bestimmte Medikamente
Ganzheitliche Hautpflege
Um das Mikrobiom der Haut zu schützen und dessen Regeneration zu fördern, sollten negative Einflüsse so weit wie möglich vermieden werden. Ein gelegentlicher Verzicht auf Waschsubstanzen oder Kosmetika – am besten während einer Fastenkur – kann die Hautflora wieder ins Gleichgewicht bringen (→ Ganzheitliches Denken für eine strahlende Haut). Auch ein Bad im Meer oder ein Solebad (→ Solebäder) können helfen, die Haut wieder in Balance zu bringen. Die Meereswirkstoffe stärken die Hautbarriere und Elastizität und wirken antientzündlich. Daher ist eine Hautpflege mit Meereswirkstoffen in jedem Fall sinnvoll. Diese kann durch die Verwendung von Algen in der Küche noch ergänzt werden.
Jahrelang galten Bakterien in Kosmetikprodukten als großes Übel, da ihr Wachstum den Verderb eines Produkts anzeigen. Daher ist es nach wie vor schwierig, Bakterien als Helfer zu argumentieren. Doch genauso wie probiotische Getränke und Joghurts die Darmflora unterstützen können, scheinen auch ausgewählte Bakterienstämme in kosmetischen Produkten positiv auf die Haut zu wirken.
Probiotische und Präbiotische Hautpflege
Probiotische Hautpflegeprodukte enthalten lebende Bakterienkulturen – genau wie die probiotischen Molkereiprodukte. Sie sollen die natürliche Hautflora der Haut positiv beeinflussen und Hauterkrankungen vorbeugen. Die bakteriellen Stoffwechselprodukte haben hautpflegende Eigenschaften und stärken die Stabilität der Hautbarriere.
Bisher ist die Studienlage zur Wirksamkeit noch recht dünn, erste Studien zeigen jedoch positive Effekte auf die Haut.
Präbiotische Pflegeprodukte enthalten hingegen “unverdauliche Substanzen” bzw. “Ballaststoffe”, die das Wachstum, die Aktivität und die Vermehrung der Hautflora positiv beeinflussen. Durch die Stimulation der hauteigenen Flora wird diese gegenüber fremden, unerwünschten Mikroorganismen gestärkt.
Pflegeprodukte mit fermentierten Inhaltsstoffen (→ Algen-Ferment ist Trend) bieten ein breites Spektrum an organischen Verbindungen aus dem Stoffwechsel der Mikroorganismen. Die fertigen Produkte enthalten jedoch keine lebenden Kulturen.
Probiotische, präbiotische und fermentierte Hautpflegeprodukte eignen sich für die empfindliche, sensible, trockene und barrieregestörte Haut sowie bei Akne, Neurodermitis, Schuppenflechte und Rosacea.
Haut und Darm sind miteinander verbunden
Neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft belegen, dass sich ein gesundes Darm-Mikrobiom auch positiv auf das Haut-Mikrobiom auswirkt. Studien zeigen, dass die Bakterienvielfalt im Darm einen entscheidenden Einfluss auf die Haut ausübt (Darm-Haut-Achse). Dies wird durch die Vermittlerrolle des körpereigenen Immunsystems möglich, denn auch unsere Haut besitzt ein Immunsystem. Dieses wird spätestens dann notwendig, wenn die Haut mechanisch verletzt wird.
Bei der (natürlichen) Geburt erhält das Baby die “Grundausstattung” der Hautflora von der Mutter. In der Folge beginnen die Immunzellen (regulatorische T-Zellen) der Haut mit der Hautflora Kontakt aufzunehmen. So entwickelt sich eine gewisse Immuntoleranz gegenüber dieser “Erstbesiedlung” der Haut. Im Laufe des Lebens entscheidet das Immunsystem immer wieder neu, welche Bakterienflora positiv zu bewerten ist und welche abgewehrt werden muss. So wird ein Gleichgewicht aufrechterhalten, bei dem die ständige (residente) Hautflora unbeeinträchtigt bleibt, während krankheitsfördernde Keime registriert und bekämpft werden.
Störungen des dermalen Mikrobioms können die Barrierefunktion der Haut stark beeinträchtigen und somit entzündliche Erkrankungen wie Akne, Rosacea, Neurodermitis und Psoriasis fördern.
Insbesondere bei Neurodermitis (atopische Dermatitis) sind die Veränderungen der Hautflora stark ausgeprägt: Die bakterielle Diversität ist stark vermindert und das Pathogen Staphylococcus aureus dominiert. Dieses Bakterium verschlimmert das entzündliche Geschehen und schwächt die Barrierefunktion durch die Ausscheidung von Toxinen und Proteasen massiv.
Daher ist davon auszugehen, dass ein Ungleichgewicht im Darm auch zu Veränderung des Erscheinungsbilds der Haut führt. (→ Die Haut ist ein Spiegelbild des Darms) Demnach ist es sehr sinnvoll, die äußere Hautpflege – besonders bei geschädigter Haut – durch innere Pflege zu ergänzen.
Somit bewahrheitet sich erneut: Schöne, gesunde Haut kommt auch von innen.
Literatur:
Fölster-Holst R. “Die Rolle des Hautmikrobioms bei atopischer Dermatitis – Zusammenhänge und Konsequenzen”. J Dtsch Dermatol Ges. 2022 May;20(5):571-578. Universitätsklinikum der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ddg.14709_g
T. Nakatsuji et al. “A commensal strain of Staphylococcus epidermidis protects against skin neoplasia“, Science Advances, 28 Feb 2018 Vol 4, Issue 2. https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.aao4502
Pessemier B. et al. “Gut-Skin Axis: Current Knowledge of the Interrelationship between Microbial Dysbiosis and Skin Conditions.”, Microorganisms. 2012 Feb; 9(2):353. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7916842/
Bildnachweise:
Titelbild: Diego Sanchez auf Unsplash.com (verändert)
Hautoberfläche mit Spots: Karolina Grabowska auf Pexels.com (verändert)
Bakterienkolonien im Darm: CDC auf Unsplash.com (verändert)
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