Grünes Land
Vor einigen Jahren habe ich mit Freunden die Südküste Grönlands bereist. Ziel dieser Reise war, Möglichkeiten zusammen mit den Küstenbewohnern zu entwickeln, wie man aus der schonenden Nutzung von Makroalgen Wertschöpfung und zusätzliche Beschäftigungsimpulse schafft.
Menschen und Landschaft dieser Gegend haben bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Grönland hat ein Problem: die Fischbestände sind überfischt, die Inuit sind verloren zwischen zwei Kulturen, AIDS und Alkohol machen die Menschen kaputt. Zeit für ein wenig Hoffnung. Und warum nicht durch die Kultivierung und Nutzung von Algen? Im Oktober 2006 reiste ich das erste Mal nach Grönland. Mir war etwas mulmig zumute, weil ich eher zu Ausflügen in wärmere Gefilde neige. Doch Ole Hertz, der mich im Rahmen des Projektes „Nordic Seaweed Project“ als Experte für Algennutzung und -kultivierung einlud, hatte mich doch „rumgekriegt“.
Auf dem Flughafen in Narssarsuaq angekommen, machten wir uns einige Stunden später mit dem Helikopter nach Nanortalik mit zwei Zwischenlandungen auf den Weg. Der Helikopter ist neben dem Boot oder Schiff das einzige Transportmittel, das die Siedlungen miteinander verbindet, denn es gibt keine Straßen. Ich konnte mich aus der Luft davon überzeugen, dass der Straßenbau in diesem Teil der Welt keine Chance hat.
Die Landschaften, an denen wir vorbeiflogen und die sich vor uns offenbarte, war überwältigend.
Ziel der Reise war es, mit Vertretern aus Wirtschaft und Gemeindeverwaltung im Süden Grönlands (Nanortalik) bei den Inuit Interesse für neue
Bewirtschaftungsformen, wie z.B. der Aquakultur, speziell Algenzucht bzw. -nutzung, zu wecken. Es fanden Gespräche mit verschiedenen „Multiplikatoren“ von Inuits statt. Wie erwartet zeigten die Männer nur geringfügig Interesse an einer Form der aktiven Bewirtschaftung der Küste. Ihr Metier ist immer noch das traditionelle Fischen und die Jagd. Alles andere scheint für sie nicht in Frage zu kommen. Ich hatte den Eindruck – Ole als Anthropologe, der viele Jahre in Grönland verbrachte, bestätigte es mir später – dass ein Anbau von Pflanzen etwas sehr Unmännliches in den Augen der Inuit-Männer ist. Nun, es gab einige wenige, die auf den diversen Treffen in verschiedenen Dörfern zumindest interessiert nachfragten. Die Frauen reagierten etwas offener auf unsere „Werbung“ für die Algennutzung. Während die Menschen, um die es geht, noch zögerten, sprachen wir mit den Vertretern der Gemeinden bereits etwas detaillerter über die Realisierung einer Algenzucht und der Verabeitung der Algen. Platz, sowohl an der Küste als auch in Form von Gebäuden, gab es genug für solche Aktivitäten. Die großen Fischverarbeitungsunternehmen hatten, nachdem sie genug Fördermittel vom Staat einkassierten, ihr Interesse an einer Unterstützung der regionalen Wirtschaft offenbar aufgegeben. Jedenfalls konnten wir auf unserer kurzen Reise drei große leere Fischverarbeitungshallen besichtigen. Diese wurden uns als mögliche Standorte für eine Algenverarbeitung angeboten.
Wir stehen heute weiterhin in gutem Kontakt mit Gemeinden in Grönland und versuchen, die Algenkultivierung und -verarbeitung an den dortigen Küsten mit Know-How und Vermittlung von Kontakten zu unterstützen.
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Mein Name ist Levent Piker, ich bin Meeresbiologe und leite mit Freunden seit über 20 Jahren zwei Unternehmen, die sich der nachhaltigen Nutzung der Meere widmen. Die Küste und das Meer sind schon immer wichtige Bestandteile meines Lebens gewesen und sind es noch.
Ich will daher ab und zu in diesem Blog wirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Nutzungen der Meere vorstellen, aber auch Erlebnisse und Eindrücke vom Meer teilen – auch aus meinem ganz persönlichen Blickwinkel.
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