Frauen an Bord
Frauen an Bord bringen Unglück? Wie seltsam. Diese Aussage ist inzwischen als Allgemeingut fast jedem geläufig. Aber wieso sollten Frauen an Bord eines Schiffes Unglück bringen, wenn die meisten havarierten Schiffe reine Männerbesatzungen hatten – rein logisch betrachtet bringen damit Männer an Bord Unglück.
Aber mit Logik hat es wohl wenig zu tun. Ich kann mir vorstellen, dass es bei einem Schiff voller Seeleute, die wochenlang auf See unter beengten Verhältnissen lebten, ohne Möglichkeiten sich aus dem Wege zu gehen, zu enormen Spannungen kommen konnte, sobald eine Frau mit auf dem Schiff war. Und Frauen fuhren mit: entweder als Passagiere oder weil sie ihre arbeitenden Männer auf den Fahrten begleiteten.
Ursache für solche und ähnliche Aussprüche war wohl eher der Wunsch, das Schicksal zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen. Und jede Fahrt war ungewiss: die Meere gefährlich, Winde und Untiefen nicht vorhersehbar. Die Arbeit selbst ein harter Knochenjob und nicht jeder, der losfuhr, sah seinen Heimathafen wieder. Kein Wunder, dass es zu einer Reihe von abergläubischen Verhaltensweisen kam.
Verhaltenscodex an Bord – auch heute noch
Zum Beispiel durfte an Bord nicht gepfiffen werden – jedenfalls nicht mit dem Mund. Denn an Bord pfeift nur der Wind. Sonst ruft man den Sturm herbei. Antiken Schiffen wurden Augen auf den Bug gemalt, so dass sie wie Seetiere aussehen sollten. Das sollte die Bewohner des Meeres beruhigen.
Und dann gibt es den Klabautermann an Bord: ein Kobold, unsichtbar und voller Schabernack. Einerseits hilft er beim Reparieren des Schiffes, er sorgt für die Abdichtung. Andererseits wirft er mit losen Gegenständen, Brettern, Werkzeug, allem, was nicht niet- und nagelfest ist. Und wenn er sich zeigt, kündigt das den Untergang des Schiffes an.
Bei Fahrtantritt wurde – und wird auch immer noch – ein Schlückchen Alkohol über Bord gekippt, um Neptun zu besänftigen und eine gute Fahrt zu sichern.
Ein neues Schiff darf nicht ungetauft auslaufen, das bringt Unglück. Übrigens wurde die Titanic beim Stapellauf nicht getauft, die Reederei hielt das nicht für nötig.
War Flaute, sollte eine Jungfrau am Mast kratzen, dann kommt Wind. Das ist meteorologisch nicht haltbar, und außerdem: wenn Frauen an Bord nicht willkommen waren, wo dann eine Jungfrau hernehmen?
Bildnachweis:
Titelbild: Rachel Claire on Pexels
- Über die Autorin | Über den Autor
- Letzte Beiträge
Mein Name ist Susan Kruse. Ich bin Diplom-Biologin und arbeite sehr gerne in dieser besonderen Firma, die nicht nur interessante Forschung betreibt, sondern aus dieser Forschung heraus handfeste, nutzbare und möglichst nachhaltige Produkte entwickelt. Es pulsiert in unseren Räumen am Tiessenkai, Ideen sprühen und fallen auf fruchtbaren Boden. Ich freue mich, Teil dieses Ganzen zu sein.
Beim Stapellauf eines Schiffes durfte keine Frau an Bord sein. Ist das heute auch noch so?
Moin Frau Vogler,
diese Frage hatte ich mir bisher noch nicht gestellt, und da ich darüber noch nie etwas gelesen oder gehört hatte, rief ich kurzerhand bei einer Werft an und habe nachgefragt.
Beim Stapellauf sind in der Regel nur Personen an Bord, die für den reibungslosen Ablauf des Vorganges notwendig sind, um z.B. das Schiff im Anschluss festzumachen.
Zum Glück verändert sich unsere Gesellschaft, Aberglaube und Traditionen sind auf dem Prüfstand. Gleichstellung ist nicht mehr wegzudenken und inzwischen sehen große Firmen Vorteile, wenn sie Diversität mit berücksichtigen.
Um es kurz zu machen: Ja, es werden inzwischen Frauen bei Schiffstaufen auf Schiffen eingesetzt, mir wurden 2 Fälle benannt, bei denen Lotsinnen ihre Arbeit machten.