Die Jellyfizierung der Weltmeere
Viele Wissenschaftler machen das gestörte Ökosystem im Meer und den Klimawandel für die zunehmende Quallenplage verantwortlich.
Diese Faktoren spielen eine Rolle:
Faktor 1:
Durch die Überfischung haben Quallen weniger Feinde und Nahrungskonkurrenten. In früheren Zeiten wurden sie von Thunfischen, Schwertfischen und Schildkröten in Schach gehalten. Kleinere Fische konkurrierten mit ihnen um die Nahrung, das Plankton. Die Verschmutzung und Überdüngung der Küstenzonen schafft für Plankton ideale Bedingungen, so dass es in Massen vorhanden ist. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO schrumpften die Fischbestände binnen 40 Jahren um mehr als die Hälfte. In Europa gelten 93 % der Bestände als überfischt (Stand: 2015). Das gilt auch für Meeresschildkröten, deren Lieblingsspeise Quallen sind, und die zuhauf am Plastikmüll verenden. Nicht nur Schildkröten halten z. B. Plastiktüten für Quallen und fressen sie, auch Fische halten kleinere Plastikpartikel für Plankton und verhungern mit gefülltem Magen.
Faktor 2:
Durch den Klimawandel stieg die Durchschnittstemperatur im Mittelmeer um zwei bis drei Grad an. Wegen ausbleibender Niederschläge wurde das Meerwasser salziger. Für viele Fische sind diese Bedingungen lebensbedrohlich, jedoch nicht für Quallen. Sie kommen zudem gut mit steigenden Temperaturen klar und überstehen auch den für viele Arten gefährlichen Sauerstoffmangel, der in manchen Küstenzonen auftritt, besser.
Dünger und Abwässer lassen die Meere versauern – es kommt zu Algenblüten, deren absterbende Reste zu Boden rieseln und dort Sauerstoff verbrauchen. So entstehen die sogenannten „toten Zonen“, in denen sich Quallen ungestört vermehren können. Die Erwärmung der Meere hat auch zur Folge, dass selbst mediterrane Quallenarten weiter nördlich wandern. So tauchte 2009 ein riesiger Schwarm von gefährlichen Leuchtquallen (Pelagia noctiluca) von 25 Quadratkilometern Fläche und 12 Metern Tiefe vor Nordirland auf. Auch durch den zunehmenden Schiffsverkehr gelangen Quallen als „blinde Passagiere“ in fremde Küstenregionen und können sich dort ausbreiten. So ist die Meer-Walnuss (Mnemiopsis leidyi), eine Rippenqualle, durch Frachtschiffe von Nordamerika in die Ostsee eingeschleppt worden. Sie gilt als „Fisch-Killer“, denn sie frisst Jungfische und ist zudem ein Nahrungskonkurrent.
Müssen mehr Quallen genutzt werden?
Weitere Informationen zum Projekt GoJelly gibt es im Blogbeitrag „Quallen – eine Plage? Nein – ein Segen!“
Euronews hat einen 4-minütigen Film zum GoJelly-Projekt herausgebracht (Januar 2020, englischsprachig):
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Mein Name ist Levent Piker, ich bin Meeresbiologe und leite mit Freunden seit über 20 Jahren zwei Unternehmen, die sich der nachhaltigen Nutzung der Meere widmen. Die Küste und das Meer sind schon immer wichtige Bestandteile meines Lebens gewesen und sind es noch.
Ich will daher ab und zu in diesem Blog wirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Nutzungen der Meere vorstellen, aber auch Erlebnisse und Eindrücke vom Meer teilen – auch aus meinem ganz persönlichen Blickwinkel.
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