, ,

Von Tintenfischen, Donnerkeilen und unseren germanischen Vorfahren

Sturm, Regen, Gewitter. Wenn es ordentlich blitzt und donnert, dann macht sich der Donnergott Donar oder Thor bemerkbar. Das glaubten jedenfalls unsere germanischen Vorfahren. Nach Stürmen und Gewittern, so dachte man, kann man am Strand viele Überreste der durch die Wolken geschleuderten Blitze  finden, die „Donnerkeile“.

Inzwischen wissen wir, dass ein Donnerkeil der versteinerte „Schulp“ eines ausgestorbenen Tintenfischs aus der Gruppe der Belemniten ist. Und tatsächlich findet man Donnerkeile nach Stürmen besonders häufig am Ostsee-Strand, weil sie dann von kräftigen Wellen an den Strand geworfen oder aus dem Sediment der Steilküste herausgewaschen wurden.

Steilküste auf Rügen

Donnerkeil-Bruchstücke kann man im Kies am Ostseestrand finden wie hier an einer Steilküste auf Rügen.

Belemniten – Tintenfische im Urzeit-Meer

Belemniten haben über einen Zeitraum von 300 Millionen Jahren unsere Weltmeere bevölkert und sind am Ende der Kreidezeit vor 66 Millionen Jahren zusammen mit vielen Dinosaurier-Arten ausgestorben. Sie hatten einen schlanken Körper, 10 Fangarme und genau wie die heute lebenden Tintenfische einen Tintenbeutel, aus dem sie Tinte ausstoßen konnten, um ihre Fressfeinde bei der Flucht zu verwirren. An den Fangarmen hatten Belemniten allerdings keine Saugnäpfe wie die heutigen Tintenfische, sondern Haken, die zum Festhalten ihrer Beute dienten.

Belemnit

Nachbildung eines Belemniten von einem Spielzeughersteller

Kalmare und Sepien – Tintenfische im heutigen Meer

Die heute lebenden Tintenfische, zu denen Kalmare und Sepien gehören, besitzen in ihrem Inneren ebenfalls einen Schulp zur Stabilisierung ihres Körpers. Der Schulp ist aus Kalk, und wer am Nordseestrand spazieren geht, kann mit etwas Glück einen Sepia-Schulp finden. Mit so einem Mitbringsel kann man seinen Wellensittichen zu Hause Freude bereiten, da sie den Kalk gerne knabbern. Allerdings sollte man den Schulp vorher längere Zeit wässern, um das Salz herauszuwaschen. Kulinarisch haben auch Kalmare etwas zu bieten. Die bekannten frittierten Tintenfischringe haben beim lebenden Kalmar den Schulp umschlossen.

Sepia

Die Sepia kann beim Ruhen auf dem Meeresgrund ihre Färbung der Umgebung anpassen, so dass sie unter Wasser schwer zu entdecken ist. Diese hier wurde vom Fotografen beim Davonschwimmen erwischt und ist deshalb gut zu erkennen.

Strand von Spiekeroog

Ein Sepia-Schulp am Strand von Spiekeroog

Die Tinte der Tintenfische wurde und wird auch heute noch verwendet. Zum Färben von Pasta zum Beispiel oder zum Zeichnen. Der „Sepia-Effekt“ in der Fotografie leitet sich von der Verwendung der Sepia-Tinte als Zeichen-Tusche ab. Bei vielen älteren Zeichnungen ist die Tinte etwas verblasst und das Weiß der Leinwand gelb geworden. Diesen Effekt kann man bei manchen Handys als Foto-Effekt einstellen.

Wie erkennt man Donnerkeile?

Bei den ausgestorbenen Belemniten war die Spitze des Schulps, das Rostrum, ebenfalls aus Kalk. Der Kalk ist im Verlauf der vergangenen 70 Millionen Jahre teilweise verkieselt, rötlich-braun gefärbt und steinhart.

zerbrochene Donnerkeilstücke

Manchmal findet man zerbrochene Donnerkeilstücke und erkennt die feine Mittellinie (Sipho). Dadurch sind auch kleinste Bruchstücke von ähnlich gefärbten Feuersteinen zu unterscheiden.

Beim nächsten Strandspaziergang, egal ob an Nordsee oder Ostsee, lohnt es sich also, nach den Resten von Tintenfischen Ausschau zu halten: entweder nach einem Schulp der in der Nordsee lebenden Sepia oder nach den versteinerten Donnerkeilen der ausgestorbenen Belemniten.

Fotonachweis:
Foto 1-2 und 5-10 sind von der Autorin
Foto 3: Kunststoff-Nachbildung eines Belemniten der Firma Bullyland, Foto oceanBASIS GmbH / Lisa Stegk
Foto 4: Sepia, mit freundlicher Genehmigung von Lennart Petersen

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert