Wie Algen unser Gehirn schützen können
Algen gehören zu den vielversprechendsten Quellen funktioneller Inhaltsstoffe1 2. Auch von den zahlreichen Forschungsprojekten der vergangenen 24 Jahre bei oceanBASIS wissen wir um deren Potenziale. Algen enthalten bioaktive Substanzen, die nachweislich gesundheitsfördernde Eigenschaften besitzen und zur Prävention von Krankheiten wie Krebs, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen können. Ihre Fähigkeit, sich an extreme Umweltbedingungen anzupassen, führt zur Bildung einzigartiger Naturstoffe, die in anderen Organismen nicht vorkommen.
In diesem Artikel werden die Potenziale beleuchtet, die Algen für ein gesundes Gehirn haben können.
Inhaltsverzeichnis
Die richtige Ernährung als Gesundbrunnen
Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass Ernährung mehr ist als nur Energiezufuhr – sie beeinflusst Körperfunktionen und kann Krankheiten vorbeugen oder fördern. Funktionelle Lebensmittel, die über reine Nährstoffversorgung hinausgehen, können das Wohlbefinden steigern, die Gesundheit fördern und das Risiko chronischer Erkrankungen verringern. Besonders für ältere Menschen, die häufig ein höheres Krankheitsrisiko haben, sind solche Lebensmittel von großer Bedeutung.
In Anbetracht der schwer fassbaren Vielfalt an möglichen positiven Effekten, die in der wissenschaftlichen Literatur über die bioaktiven Inhaltsstoffe von Algen zu finden sind, beschränke ich mich in diesem Blogartikel auf eine gesellschaftlich besonders dringende Herausforderung3 – die Gesundheit unseres Gehirns.
Einfluss der Ernährung und Algen auf das Gehirn
Ungesunde Ernährungsweisen, insbesondere der Verzehr von stark verarbeiteten Lebensmitteln und Zucker, können Gehirnstrukturen wie den Hippocampus verkleinern und Entzündungen auslösen, die mit neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung stehen4 5. Im Gegensatz dazu unterstützt eine gesunde, vitalstoffreiche Ernährung die neuronale Gesundheit, wirkt entzündungshemmend und fördert die kognitiven Fähigkeiten.
In einem früheren Artikel im Oceanblog bin ich bereits näher auf die Rolle der Omega-3-Fettsäuren für die Individualentwicklung (Ontogenese) des Gehirns eingegangen. Die von Algen produzierten Omega-3-Fettsäuren dürften – direkt oder über die sie fressenden Fische oder Muscheln – auch für die Evolution der Spezies Mensch (Phylogenese) eine entscheidende Rolle gespielt haben. Algen bieten darüberhinaus weitere große Potenziale zur Förderung der Gehirngesundheit und zur Prävention sowie Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen. Sie enthalten eine Vielzahl bioaktiver Substanzen wie spezielle Algen-Polysaccharide, ungesättigte Fettsäuren, Antioxidantien und entzündungshemmende Verbindungen, die positive Effekte auf das Gehirn zeigen.
Ein weiterer Schlüssel zur Gesunderhaltung des Gehirns ist heute eines der heißesten Themen in Biologie und Medizin – die „Mikrobiom- bzw. Darm-Hirn-Achse“ (s.u.). Sie gewährt eine vollkommen neue Perspektive der biologischen Prozesse im menschlichen Körper und ihrer Regulierung sowie neue Therapiemöglichkeiten. – Side fact: Die chinesische Medizin hatte die Verbindung dieser beiden Organe schon lange im Blick.

Bild 1: Braunalge (KI-generiert)
Quergelesen: Positive Einflüsse von Algen auf das Gehirn
In der wissenschaftlichen Literatur sind unter anderen folgende Wirkungs-„Cluster“ von Algeninhaltsstoffen zu finden:
- Neuroprotektion
– Antioxidative Wirkung: Algenextrakte schützen das Gehirn vor oxidativem Stress, der durch freie Radikale entsteht und mit Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Multiple Sklerose assoziiert wird. Starke antioxidative Eigenschaften sind von vielen Algen nachgewiesen, Beispiele aus der Literatur sind der Zuckertang Saccharina latissima, der Blasentang Fucus vesiculosus, Palmaria palmata, Rhodomela confervoides und Sargassum siliquastrum6 7 8 9 10.
– Entzündungshemmung: Algen wie Ecklonia cava und Laminaria japonica wirken entzündungshemmend11 12, indem sie entzündungsfördernde Faktoren im Gehirn reduzieren. - Hemmung des Acetylcholinabbaus
Substanzen aus Algen wie Ecklonia stolonifera und Ulva reticulata hemmen den Abbau von Acetylcholin14 13, einem Neurotransmitter, dessen Mangel bei Alzheimer mit kognitiven und Verhaltenssymptomen in Verbindung steht. - Schutz vor Nervenzellverlust und Nervengiften
Fucoidan, ein sulfatierter Mehrfachzucker, kommt in Algen wie dem Blasentang Fucus vesiculosus und dem Zuckertang Saccharina latissima vor und schützt Nervenzellen vor dem Absterben15 16. Hierfür ist bereits ein möglicher Mechanismus beschrieben; es ist der erleichterte Abbau von ß-Amyloid-Plaquen, eine der Hauptursachen der Alzheimer Krankheit. - Förderung der Nervenregeneration
Algen wie Sargassum macrocarpum enthalten Substanzen, die ähnlich wie Neurotrophine wirken und die Regeneration geschädigter Nervenzellen unterstützen17, was für die Therapie von Schlaganfällen und neurodegenerativen Erkrankungen relevant ist.

Bild 2: Bioaktive Substanzen von Algen können das Gehirn schützen (symbolische Darstellung, KI-generiert)
Neuroprotektive Substanzen in Algen
Schauen wir uns die interessantesten neuroprotektiven Kandidaten etwas genauer an …
Fucoidane:
Fucoidane sind sulfatierte Polysaccharide, die nur in Braunalgen und einigen Meerestieren (Seeigeln, Seegurken, Schnecken) vorkommen. Diese speziellen, aus dem Zucker Fucose zusammengesetzten, meist langkettigen Moleküle stabilisieren in den Algen die Zellwände. Dort sind die Fucoidane mit phenolischen Verbindungen verwoben und bilden auf diese Weise zugleich eine effektive Schutzbarriere gegen Fraßfeinde und pathogene Keime.
Fucoidane sind hinsichtlich ihrer Größe, Struktur und ihres Sulfatierungsgrades sehr vielfältig. Zudem sind sie sehr aufwändig zu analysieren bzw. zu identifizieren. Insofern ist bei der Interpretation der Studienergebnisse Vorsicht geboten, denn Fucoidan ist nicht gleich Fucoidan, wie wir in einem deutsch-dänischen Gemeinschaftsprojekt mit unseren Partnern zusammen gezeigt haben.
Aufgrund seiner neuroprotektiven Eigenschaften sind bestimmte Fucoidane vielversprechend für die Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen. Fucoidane zeigen in zahlreichen Studien positive Bioaktivitäten, darunter antioxidative, entzündungshemmende und mitochondrienschützende Eigenschaften. Diese Wirkungen machen sie zu einem potenziellen therapeutischen Kandidaten für Hirnverletzungen und neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson. Weitere Forschung und klinische Studien sind erforderlich, um seine Wirksamkeit und Anwendung im Bereich der menschlichen Gesundheit vollständig zu verstehen.

Struktur-Ausschnitte verschiedener Fucoidane aus drei verschiedenen Arten von Braunalgen (Quelle: Ale et al. 2011)
Folgende neuroprotektive Mechanismen von Fucoidan sind aufgeklärt:
- Antioxidative und entzündungshemmende Wirkungen:
Fucoidan weist starke antioxidative Eigenschaften auf und reduziert den oxidativen Stress, der ein Schlüsselfaktor bei der Neurodegeneration ist. Außerdem wirkt es entzündungshemmend, indem es Signalwege wie NF-κB, MAPK und Akt hemmt, die an der Produktion von entzündungsfördernden Mediatoren beteiligt sind26 27 28. - Schutz der Mitochondrien:
In Modellen der Parkinson-Krankheit verbessert Fucoidan die mitochondriale Funktion, was von entscheidender Bedeutung ist, da die mitochondriale Dysfunktion ein Kennzeichen dieser Krankheit ist. Dies geschieht durch die Hochregulierung von Signalwegen wie PGC-1α/NRF2, die an der mitochondrialen Biogenese und Funktion beteiligt sind29 28 30. - Verringerung der Ausbildung von β-Amyloid-Protein:
In Alzheimer-Krankheitsmodellen reduziert Fucoidan die Anhäufung von β-Amyloid, einem Protein, das Plaques im Gehirn bildet. (s.u.) 313233.
Mögliche Anwendungen zur Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen liegen in Therapie und Vorbeugung bei der Alzheimer-Krankheit. Fucoidan hat in experimentellen Modellen das Potenzial zur Reduzierung der Neurotoxizität und der Aggregation von Amyloid, einem Kennzeichen der Alzheimer-Krankheit, sowie zur Verbesserung der kognitiven Funktionen gezeigt3341.
Auch die Behandlung der Parkinson-Krankheit liegt im Korridor der Eigenschaften von Fucoidan, denn es schützt dopaminerge Neuronen und erhöht den Dopaminspiegel, der für die Behandlung der Symptome der Parkinson-Krankheit von entscheidender Bedeutung ist4243.
Phlorotannine:
Phlorotannine, polyphenolische Verbindungen, die aus Braunalgen gewonnen werden, weisen bedeutende neuroprotektive Eigenschaften auf. Diese Verbindungen schützen neuronale Zellen nachweislich vor oxidativem Stress, Entzündungen und Neurotoxizität, die Schlüsselfaktoren bei neurodegenerativen Erkrankungen sind. Phlorotannine wirken gegen oxidativen Stress und Entzündungen. Außerdem können sie die Bildung neurotoxischer Aggregate abschwächen. Diese Eigenschaften unterstreichen ihr Potenzial als therapeutische Kandidaten für neurodegenerative Erkrankungen, obwohl weitere Forschung, einschließlich klinischer Studien am Menschen, erforderlich ist, um ihre Wirksamkeit und Wirkmechanismen vollständig zu verstehen.

3D-Struktur von Eckol, einem Phlorotannin aus Braunalgen (Quelle: Pubchem)
Neuroprotektive Mechanismen von Phlorotanninen sind vor allem:
- Reduzierung von oxidativem Stress: Phlorotannine aus Ecklonia cava, wie Phloroglucinol und Dieckol, fangen reaktive Sauerstoffspezies (ROS) effektiv ab und verhindern die Lipidperoxidation, wodurch der durch oxidativen Stress verursachte neuronale Zelltod reduziert wird34 35.
- Entzündungshemmende Wirkung: Diese Verbindungen hemmen die Produktion entzündungsfördernder Zytokine und Enzyme wie TNF-α, IL-1β und COX-2 durch die Herunterregulierung des NF-κB-Signalwegs, der für die Reduzierung von Neuroinflammationen von entscheidender Bedeutung ist35.
- Hemmung neurotoxischer Aggregate: Phlorotannine wie Eckmaxol und Eckol verhindern nachweislich die Bildung und Toxizität von β-Amyloid-Aggregaten, die mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht werden36 37.
Das therapeutisches Potenzial liegt insbesondere in der Verbesserung der kognitiven und motorischen Funktion; in Tiermodellen haben Phlorotannine Verbesserungen der kognitiven Funktionen und der motorischen Leistung gezeigt, was auf potenzielle Vorteile bei Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson hindeutet38. Durch deren multifunktionale antioxidative Eigenschaften können Phlorotanninextrakte aus Fucus-Arten der Glutamat-Toxizität entgegenwirken und hemmen Enzyme, die mit Neurodegeneration in Verbindung stehen39. Außerdem regulieren Phlorotannine wichtige Signalwege, wie z.B. ERK-CREB-BDNF, die an der Neuroplastizität und dem Gedächtnis beteiligt sind. Sie untermauern damit recht imposant ihre neuroprotektive Rolle40.
Fucoxanthin:
Fucoxanthin, ein in Meeresalgen vorkommendes Carotinoid, zeigt durch seine antioxidativen Eigenschaften und die Modulation wichtiger zellulärer Signalwege eine starke neuroprotektive Wirkung. Diese Ergebnisse deuten auf sein Potenzial als Therapeutikum für verschiedene neurologische Erkrankungen hin, darunter Schädel-Hirn-Trauma (SHT), Parkinson (PD) und Alzheimer Krankheit (AD). Weitere Forschung zu seiner Bioverfügbarkeit und gezielten Verabreichung könnte seine Anwendung in klinischen Umgebungen verbessern.

2D-Strtuktur von Fucoxanthin, einem Xanthophyll (Carotinoid) aus Braunalgen (Quelle: Wikipedia)
Mechanismen der Neuroprotektion durch Fucoxanthin
- Antioxidative Aktivität: Fucoxanthin ist ein starkes Antioxidans, das oxidativen Stress reduziert, ein Schlüsselfaktor bei neuronalen Schäden. Es senkt den Gehalt an reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) und steigert die Aktivität antioxidativer Enzyme wie Glutathionperoxidase (GPx) und Hämoxygenase-1 (HO-1)44 45 46 47 49
- Aktivierung von Signalwegen: Fucoxanthin aktiviert die Nrf2-ARE- und Nrf2-Autophagie-Signalwege, die für die zelluläre Abwehr von oxidativem Stress und Apoptose von entscheidender Bedeutung sind. Es beeinflusst auch die PI3K/Akt- und ERK-Signalwege, die am Überleben der Zellen und an der Regulation der Apoptose beteiligt sind44 46 48 49
- Hemmung der Apoptose: Durch die Modulation von Signalwegen wie ERK/JNK-c-Jun und die Hemmung der Caspase-3-Aktivität verhindert Fucoxanthin die neuronale Apoptose und bietet so Schutz vor Neurotoxizität, die durch verschiedene Stressoren, einschließlich β-Amyloid-Protein und Methamphetamin, induziert wird50 47 48.
Hinweise auf mögliche Anwendungen bei neurologischen Störungen lassen sich im Zusammenhang mit traumatischen Hirnverletzungen (SHT) erkennen: Fucoxanthin lindert sekundäre Hirnverletzungssymptome wie Hirnödeme und neuronale Apoptose in SHT-Modellen43. Wie Fucoidan verhindert auch Fucoxanthin die durch β-Amyloid induzierte Neurotoxizität48. Außerdem kann es bei zerebraler Ischämie und Reperfusionsschäden das Infarktvolumen reduzieren und die neurologischen Ergebnisse durch Aktivierung des Nrf2/HO-1-Signalwegs verbessern46. In PD-(Parkinson-Krankheit-)Modellen reduziert Fucoxanthin die Neurotoxizität im Zusammenhang mit der langfristigen Verabreichung des Medikaments Levodopa und oxidativen Stress in PD-Modellen50 49.
Oligomannat:
Das aus Algen gewonnene Medikament Sodium Oligomannat, auch bekannt als GV-971, wurde in China zur Bekämpfung der Alzheimer-Krankheit zugelassen.

Strukturformel von Oligomannat, einem Gemisch aus Oligosacchariden von der Alge Ecklonia kurome
Überblick über Natriumoligomannat (GV-971)
- Zulassung und Entwicklung: Natriumoligomannat (GV-971) ist ein orales Oligosaccharid, das aus Meeresalgen gewonnen wird. Es wurde von Shanghai Green Valley Pharmaceuticals entwickelt und erhielt im November 2019 in China erstmals die Zulassung für die Behandlung von leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Krankheit (AK) zur Verbesserung der kognitiven Funktion51 52.
- Wirkmechanismus: GV-971 soll das normale Muster der Darmmikrobiota wiederherstellen, das mit Neuroinflammation im Gehirn in Verbindung steht. Dieses Medikament reduziert die Anzahl der Entzündungszellen und β-Amyloid-Plaquen im Gehirn und verlangsamt möglicherweise das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit, indem es die Darmdysbiose, einen Faktor der Neuroinflammation, behandelt53
- Potenzial und Herausforderungen: GV-971 ist zwar vielversprechend in der Behandlung von Alzheimer, indem es auf die Darmmikrobiota abzielt, doch es gibt noch viele mechanistische Fragen zu klären, z. B. wie es sich auf verschiedene Arten von Darmbakterien auswirkt und wie es genau im Gehirn wirkt53. Trotz dieser Herausforderungen stellt seine Entwicklung einen bedeutenden Meilenstein in der Entwicklung von Alzheimer-Medikamenten dar und unterstreicht das Potenzial von Naturprodukten bei der Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen54 53.
Natrium-Oligomannat (GV-971) wird aus Algen gewonnen und ist in China für die Behandlung der Alzheimer-Krankheit zugelassen Es stellt einen neuartigen Ansatz dar, indem es auf die Darmmikrobiota abzielt, um Neuroinflammationen zu reduzieren, und bietet einen neuen Weg zur Behandlung von Alzheimer. Es sind jedoch weitere Forschungen erforderlich, um seine Mechanismen und breiteren Anwendungsmöglichkeiten vollständig zu verstehen.
Algen und Alzheimer
Obwohl die Forschung noch in den Anfängen steckt, gibt es bereits zahlreiche Hinweise darauf, dass Algen und ihre Inhaltsstoffe eine Rolle bei der Prävention und Behandlung von Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen spielen könnten.
Auch eigene Untersuchungen in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt zeigen neuroprotektive Eigenschaften eines Fucoidan-Extrakts aus heimischen Algen in menschlichen Zellen16. Insbesondere zielen diese Eigenschaften auf einen Mechanismus, der in enger Verbindung zur Alzheimer Krankheit steht; Fucoidan triggert einen speziellen Signalweg an, der für den Abbau von β-Amyloid-Plaquen zuständig ist.
Dies ist ein Hinweis, dass das verwendete Fucoidan ein interessanter Kandidat für eine Produktentwicklung im Nahrungsergänzungsmittelbereich ist. In dem mit vielen anderen Forschungspartnern durchgeführten europäischen Projekt „AlgaeProBANOS“ läuft diese Entwicklung bereits. Die Entwicklung zielt entsprechend der bisherigen Ergebnisse auf eine neuroprotektive Wirkung, namentlich auf eine Reduktion von senilen Plaques, die die Symptome von Alzheimer und Down-Syndrom verbessern würde. Erwartungsgemäß stoßen wir bei dieser Entwicklung auf große Herausforderungen, die aber gemeinsam in einem großen Team besser bewältigt werden können. Wir halten Euch/Sie im oceanBLOG diesbezüglich auf dem Laufenden.
Algen und die Darm-Hirn-Achse
Immer besser verstehen wir eine merkwürdige Allianz zweier Organe, die relativ weit voneinander entfernt liegen und deren Verbindung auf den ersten Blick nicht einleuchtet – die Verbindung zwischen Darm und Gehirn. Doch inzwischen ist sehr wahrscheinlich, dass diese Verbindung entscheidende Erklärungsansätze für Prozesse und Krankheiten im menschlichen Körper liefert, die bislang nur unzureichend verstanden wurden. Algen können über die Darm-Hirn-Achse positive Auswirkungen auf das Gehirn haben. Wir werden uns in einem eigenen Artikel diesem Phänomen widmen.
Die Darm-Hirn-Achse ist eine bidirektionale Kommunikationsverbindung. Sie umfasst neuronale, endokrine, immunologische und humorale Signalwege. Die Darmmikrobiota, die Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm, spielt eine entscheidende Rolle in dieser Kommunikation 18. Ein Ungleichgewicht der Darmmikrobiota kann Entzündungen im Körper fördern, die sich negativ auf das Gehirn auswirken und neurodegenerative Prozesse begünstigen können.
Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass Algen über die Modulation der Darmmikrobiota positive Auswirkungen auf das Gehirn haben könnten1920. Studien haben gezeigt, dass der Konsum von Algen oder Algenextrakten …
- … die Zusammensetzung der Darmmikrobiota positiv beeinflussen kann, indem das Wachstum von nützlichen Bakterien gefördert und das Wachstum von potenziell schädlichen Bakterien reduziert wird.
- … die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren (SCFAs) im Darm erhöhen kann. SCFAs, wie z. B. Butyrat, haben entzündungshemmende Eigenschaften und können die Blut-Hirn-Schranke passieren, um direkt auf das Gehirn zu wirken.
- … Entzündungen im Darm und im gesamten Körper reduzieren kann, was sich positiv auf die Gehirnfunktion auswirken kann.
Algen – die perfekte Ergänzung für unsere alltägliche Nahrung?
Algen sind eine vielversprechende Quelle für bioaktive Verbindungen mit potenziellen neuroprotektiven Eigenschaften. Sie könnten über die Modulation der Darmmikrobiota und die Beeinflussung der Darm-Hirn-Achse positive Auswirkungen auf das Gehirn haben und möglicherweise eine Rolle bei der Prävention und Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer spielen. Es sind jedoch weitere klinische Studien am Menschen erforderlich, um diese Effekte zu bestätigen und die optimalen Dosierungen und Anwendungsformen zu bestimmen.
Die Kombination von gesunder Ernährung und innovativen Ansätzen wie dem Einsatz von Algen bietet ein vielversprechendes Potenzial, um die Gehirngesundheit zu fördern und neurodegenerativen Erkrankungen vorzubeugen. Insbesondere Algen, durch ihre einzigartige bioaktive Zusammensetzung, könnten eine Schlüsselrolle in zukünftigen Therapieansätzen spielen.
Dank umweltschonender und klimaneutraler oder sogar -positiver Kultivierung, schnellem Wachstum und der Möglichkeit, spezifische Inhaltsstoffe gezielt zu produzieren, stellen Algen eine nachhaltige und innovative Ressource dar. Ihre beeindruckende Vielfalt und das Potenzial zur Entwicklung neuer funktioneller Lebensmittel machen sie zu einem spannenden Thema in der Gesundheitsforschung.
Bildnachweis:
Titelfoto: Cecile Arcure (iStock)
Foto 1 und 2: Gemini AI
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